Frauen im Vertrieb – ein Interview mit Simone Straub

In unserer Reihe „Frauen im Vertrieb“ stellen wir regelmäßig weibliche Sales-Profis vor. Wir lernen hier in Interviews spannende Persönlichkeiten unterschiedlicher Branchen mit verschiedenen Hierarchiestufen kennen. Dieses Mal im Interview: Simone Straub.

frauen-im-vertrieb_simone_straub

Hallo Simone! Stell Dich bitte kurz vor und erzähle uns etwas zu Deinem beruflichen Werdegang.

Seit meiner Berufsausbildung im Jahr 2000 in einem Unternehmen für den Vertrieb & Service für IT Hard- und Software bin ich vertrieblich tätig. 2008 folgte der Wechsel auf die Trainingsseite, wo ich Mitarbeitern von zwei großen internationalen Personalvermittlern im Bereich Vertrieb, Recruiting und Prozesse zu ihrem Erfolg verhalf. Seit 2012 bin ich in diesem Thema selbstständig und dadurch natürlich auch noch immer vertrieblich aktiv.

Was spornt Dich täglich an bzw. was liebst Du an Deinem Job?

Ich bin glücklich, wenn ich das Leben der Menschen in meinem Umfeld erleichtern kann. Das klingt zwar etwas kitschig, aber es ist für mich die nachhaltigste und erfüllendste Motivation, die man haben kann. Natürlich habe auch ich mich eine Zeit in meinem Leben mal materiell incentivieren lassen und ich habe das auch sehr genossen. 3 Dinge wollte ich damals erreichen. Als ich diese erreicht hatte, kehrte für mich diesbezüglich Ruhe ein und es rückten andere, nachhaltigere Motivatoren in den Vordergrund.

Lass uns neugierig sein: was waren die drei Dinge, die du erreichen wolltest?

Eine Rolex, einen Bulgari Ring und mit 32 den ersten eigenen Porsche. Der kam zwar erst mit 33, aber diesen Rückschlag habe ich gut verkraftet und schiebe das im Bedarfsfall auf eine längere Lieferzeit. 🙂

Die Vertriebsbranche ist nach wie vor eine Männerdomäne. Gibt es etwas, worum Du Deine männlichen Kollegen beneidest?

Nein. Neid ist ein Gefühl, mit dem ich persönlich nicht viel anfangen kann. Es ist missgünstig und bringt mich zudem in eine Opferhaltung. Wenn ich an anderen Menschen eine Fähigkeit feststelle, die ich ebenfalls gern hätte, dann arbeite ich an einem Weg, um diese ebenfalls zu erlangen. Ist mir das aus bestimmten Gründen nicht möglich, frage ich mich, welche alternative Fähigkeit mich möglicherweise zum selben Ziel bringt und eigne mir diese an.

Gibt es in Deinem Alltag Situationen, in denen Du das Gefühl hast Du musst mehr leisten/beweisen/rechtfertigen, als Deine männliche Kollegen?

Nein. Jeder Dienstleister findet seine Kunden und andersherum. Wenn jemand meine Art nicht mag oder ein anderes inhaltliches Verständnis zur Sache hat, ist das für mich vollkommen in Ordnung. Dann passen wir eben nicht zusammen.

Was glaubst Du, warum gibt es nach wie vor so wenige Frauen im Vertrieb?

Ist das so? Ich glaube, das kommt auch immer ein wenig auf das Produkt oder die Dienstleistung an, die verkauft wird. In der Branche der Personaldienstleistung /-vermittlung/-beratung kenne ich sogar einige Unternehmen, die sich mehr Männer wünschen würden und das, obwohl mindestens 50 % der Tätigkeiten mit Vertrieb zu tun haben.

Wie gehst du mit den Schwächen deines Produktes/ deiner Dienstleistung um bzw. wie gehst du mit berechtigten Einwänden deiner Kunden um?

Die Frage möchte ich in 3 Schritten beantworten:

  1. Wenn es sich um eine wirkliche Schwäche (Minderleistung) in meinem Angebot handelt, dann sollte diese natürlich ausgebessert werden, damit meine Kunden eine hilfreiche und qualitative Dienstleistung erhalten.
  2. Sollte der Kunde einen Wunsch äußern, den ich auf den ersten Blick nicht erfüllen kann, versuche ich, die Situation dahinter zu verstehen. Für welches Problem braucht mein Kunde eine Lösung? Vielleicht kann meine Dienstleistung ja trotzdem bei der Lösung des Problems behilflich sein, auch wenn der Kunde das ursprünglich so nicht auf dem Schirm hatte.
  3. Sollte mein Angebot tatsächlich nicht das richtige für den Kunden sein, kommuniziere ich dies offen und empfehle Anbieter, die bei diesem Problem helfen können. So ist zwar im ersten Schritt kein Geld verdient, aber dem Kunden ist trotzdem geholfen und darum geht es ja am Ende.

Ein Verkauf folgt, wenn der Kunde eine Lösung für sein Problem erhalten hat, nicht weil die Argumente technisch einwandfrei aufgezählt worden sind. Deswegen sollten sich Vertriebler mehr darauf konzentrieren, das Kundenproblem zu verstehen und dann aufzeigen, wie sie dabei helfen können; anstatt zu versuchen, den Kunden argumentativ schachmatt zu setzen. Letzteres beobachte ich nach meinem Geschmack leider noch viel zu oft. Über kurz oder lang verlieren bei diesem Ansatz beide Seiten – Dienstleister und Kunde.

Was motiviert dich nach einem erfolglosen Kundengespräch weiterzumachen?

Ich lasse es erst gar nicht zu einem „erfolglosen“ Kundengespräch kommen. Das übrigens nicht dadurch, dass ich so fantastisch gut Akquise könnte, sondern dass ich den Begriff des Erfolges für mich breiter definiere. In vielen Branchen ist es gang und gäbe, dass die Anzahl der Ansprechpartner, die bei meinem Anruf keinen Bedarf haben, der überwiegt, die einen konkreten Bedarf haben. Das ist Fakt und hat nichts mit den verkäuferischen Fähigkeiten zu tun. Deswegen plane ich die Zusammenarbeit auf lange Sicht und setzte mir weitere Ziele für die Gespräche: Entscheidungswege identifizieren, Durchwahlen und E-Mailadressen erhalten, Potenzialinformationen erfragen und eine persönliche Beziehung aufbauen. Diese sind leichter zu erreichen und ebenfalls als Erfolg zu betrachten; wenn auch langfristig gesehen.

Du als Vertrieblerin kennst sicherlich alle Tricks & Verkaufsargumente: Kann man dir privat noch was verkaufen?

Natürlich. Ich bin immer offen für hilfreiche Produkte und Dienstleistungen. Voraussetzung dafür ist, dass es mein Gegenüber versteht, mich persönlich abzuholen. Im Gegensatz dazu reagiere ich sehr allergisch auf klassische Verkaufsfloskeln, 0815 Telefonskripte und manipulative Gesprächstechniken. Die trainiere ich nicht und kann sie selbst auch nicht ertragen. Authentische Akquisegespräche brauchen zwar etwas mehr zwischenmenschlichen und inhaltlichen Invest; lohnen sich aber.

Telefongespräche, digitale Tools oder Face-To-Face: Wie verkauft man heutzutage am besten?

Da es in vielen Branchen nicht um den „Anhauen-Umhauen-Abhauen“ Vertrieb, sondern um die Entwicklung langfristiger Kundenbeziehungen geht und ein erster Verkauf in der Regel auch 5-7 Kontakte braucht, macht es wie immer eine gute Mischung von vorhandenen Tools. Welche das sind, muss jede Branche abhängig davon entscheiden, wie es seine Zielkunden am besten erreicht.

Welchen Tipp kannst Du Berufseinsteigerinnen im Vertrieb geben?

Wilhelm Busch hat mal gesagt: „Ausdauer wird früher oder später belohnt. Meistens später.“ Gleicht Eure Erwartungshaltungen mit denen Eurer Führungskräfte und Mentoren ab. Meistens erwarten Berufseinsteiger zu schnell zu viel von sich und verstehen nicht, dass nachhaltiger Erfolg seine Zeit braucht. Gehst Du mit falschen Erwartungen und zu hohen Ansprüchen an Dich selbst in Deinen Vertriebsjob, ist eine Enttäuschung vorprogrammiert.

Akquise ist kein Sprint, sondern ein Marathon und einen Marathon gewinnt man nicht auf den ersten Metern. Es gewinnen die, die mit guter Lauftechnik ihr Tempo finden und dieses dann kontinuierlich laufen. Ein Marathon ist sicherlich nicht für jeden; das Gefühl bei Zieleinlauf jedoch unschlagbar. So ist auch Vertrieb nicht für jeden; es bietet jedoch im Vergleich zu vielen anderen Funktionen unschlagbare Verdienst- und Entwicklungsmöglichkeiten. Probiere es aus – es lohnt sich!

Vielen Dank für das Interview, Simone!


Du möchtest Dich mit Simone Straub vernetzen?

Kontaktiere sie gern bei LinkedIn oder Xing. Sie hat übrigens auch einen eigenen Podcast mit zahlreichen Denkanstößen für Personalberater*innen / -vermittler*innen!

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.

Inhalt laden

Zurück