Richtig telefonieren im Beruf: Die Macht der Stimme

Für die meisten von uns gehört es zum beruflichen Alltag, zum Telefonhörer zu greifen, um etwas mit dem Geschäftspartner oder dem (potenziellen) Kunden zu besprechen. Bei einem solchen Telefonat geht es um viel mehr als um die Vermittlung von Informationen. Welchen Effekt haben unsere Stimme und unser Sprechverhalten am Telefon? Worauf kann und sollte man achten, damit ein Telefonat für beide Seiten angenehm verläuft? Kann man richtig telefonieren?

richtig telefonieren

Ein Anruf macht uns präsent

Stellen Sie sich den Beginn eines Gesprächs vor. Das Telefon klingelt, Sie heben den Hörer ab und Ihre gesamte Aufmerksamkeit richtet sich auf das, was Sie hören. Ab jetzt fühlt es sich an, als befände sich der Gesprächspartner mitten im Raum. Wenn wir uns nun bewusst machen, dass auch wir selbst mit einem Anruf so präsent sind, als stünden wir mitten im Büro des anderen, haben wir uns innerlich schon gute Voraussetzungen für ein gelungenes Telefonat geschaffen.

Wenn es um Geschäftstelefonate geht, lassen sich drei wichtige Aspekte kurz und bündig zusammenfassen, die auch sonst in der Kommunikation von Bedeutung sind:

  1. Die Fachkenntnis
  2. Die persönliche Passung der Telefonierenden
  3. Die Situation

Richtig telefonieren: Fachkenntnisse bilden das Fundament

Wollen wir jemandem weiterhelfen, benötigen wir die entsprechenden Fachkenntnisse. Daran führt kein Weg vorbei. Die Fachkenntnis allein reicht allerdings nicht aus, um beim Kunden zu punkten, denn sie wird ohnehin vorausgesetzt. Bei Verkaufs- und Beratungsgesprächen geht es vielmehr darum, ob der Verkäufer oder Berater seine Fachkenntnisse so sicher beherrscht, dass er in diesem Augenblick genau jene Details und Informationen auswählen kann, die für sein Gegenüber wichtig sind. Oder aber, dass er in der Lage ist, entsprechende Quellen zu nennen, wo der Kunde diese Informationen findet. Er muss also zusätzlich zu seiner Fachkenntnis in der Lage sein, den anderen genau wahrzunehmen und einzuschätzen. Und damit kommen wir bereits zum zweiten Aspekt.

Persönliche Passung: Die „Chemie“ muss stimmen

Hierbei ist die Stimme ausschlaggebend, denn über den Klang der Stimme erfahren wir, wer der andere ist und welche Eigenschaften er verkörpert. Wir hören auch, in welchem Zustand sich der andere gerade befindet, was im Beschwerdemanagement von besonderer Bedeutung ist. Besorgnis, Ärger oder Empörung müssen zuerst emotional aufgefangen werden, bevor der Berater wieder zum sachlichen Teil des Gespräches übergehen kann.*

Man kann sagen, die Stimme verdeutlicht das „Wie“, während die Fachkenntnisse das „Was“ bestimmen. Wir fragen uns: „Wie geht dieser Mensch am anderen Ende der Leitung mit meinen Fragen, meinen Anliegen um? Hört er mir überhaupt zu? Respektiert er mich als Kunde, als Persönlichkeit?“

Während wir telefonieren, macht der Stimmklang ganze 83 Prozent der Wirkung einer Botschaft aus – die Worte hingegen sind nur für 17 Prozent verantwortlich. Warum ist das so? In einem Telefonat hören wir nicht nur die Stimme des Gesprächspartners, sondern wir „hören“ auch seinen Körper. Ähnlich wie bei einem Hörspiel entstehen vor unserem inneren Auge Bilder von den Aktivitäten und der Körperhaltung des anderen.

Schlussendlich sind die Persönlichkeit des Gesprächspartners und die Frage, wieviel er davon preisgibt, ausschlaggebend für die Beziehung, die wir während des Telefonates zu ihm aufbauen. Diese Beziehung kann sachlich bleiben oder vielleicht sogar distanziert.

Die visuelle „Oberfläche“ verlassen

Möglich ist aber auch, dass wir uns so wohlfühlen, dass wir viel von uns preisgeben, weil auch unser Gesprächspartner sich uns öffnet und eine angenehme Grundstimmung herstellt. Grundsätzlich gibt uns Sprechen die Chance, die visuelle Oberfläche unseres Gegenübers zu durchdringen und eine direkte Verbindung mit seiner Innenwelt aufzubauen. Bei Beratungsgesprächen am Telefon kann sich das gegenseitige „Nicht-sehen-können“ deshalb auch als Vorteil erweisen. Denn unser Gesprächspartner ist gerade mit sich persönlich allein, fühlt sich nicht beobachtet und kann aus diesem inneren Raum heraus seinen Gefühlen und Gedanken oft einfacher freien Lauf lassen.

Vertrauen führt zu mehr Aufmerksamkeit

In einem Telefonat kommt es auf die Persönlichkeiten der beiden Telefonierenden an und auf die Übereinstimmung in ihrer Haltung und in ihren Werten. Die persönliche Passung ist es, die sich während des Telefonats verstärken kann. Je größer die Übereinstimmung der beiden Persönlichkeiten, desto wahrscheinlicher wird es, dass Informationen effektiver aufgenommen werden. Eine vertrauensvolle Grundeinstellung bewirkt, dass sich die Aufmerksamkeit auf die Aufnahme des Gesagten richtet und nicht auf Seitenschauplätzen (wie in Machtkämpfen oder bei Statusrangeleien) vergeudet wird.

Die Grundlage für so ein Telefonat ist die ungeteilte Aufmerksamkeit für das Gegenüber. Doch welche Situationen sind dazu gut geeignet und welche weniger?

Richtig telefonieren: Flexibilität und Sensibilität beweisen

Wenn wir telefonieren, sehen wir nicht, womit der andere gerade beschäftigt ist. Wollte er gerade das Büro verlassen? Befindet er sich im öffentlichen Raum umringt von anderen Menschen oder auf einer Veranstaltung mit hohem Lärmpegel?

Besonders heute, in Zeiten mobiler Kommunikation, sind die Gelegenheiten zum Telefonieren ungeheuer vielfältig geworden. Sei es beim Einkaufen, im Auto, in Bussen, Bahnen, an Haltestellen. Die meisten Menschen sind mobil jederzeit erreichbar. Auch dann, wenn sie anderweitig beschäftigt sind oder im Grunde nicht gestört werden möchten. Deshalb ist die Frage nach dem passenden Zeitpunkt bei ausgehenden Telefonaten heutzutage besonders wichtig.

Die eigenen Bedürfnisse kennen

Die Vielfalt an Kommunikationsmöglichkeiten kann nur derjenige optimal für sich nutzen, der sich mit seinen eigenen Bedürfnissen auseinandergesetzt hat. Das kann auch bedeuten, sich der ständigen Erreichbarkeit ab und zu komplett zu entziehen. Genauso bedeutet es für Anrufer, Sensibilität walten zu lassen und gleich zu Beginn eines Telefonats zu klären, ob der Anruf willkommen ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dies bereits der erste Schritt zu einer wertschätzenden Gesprächsatmosphäre ist. Es gibt schließlich immer die Möglichkeit, das Telefonat auf später zu vertagen. Das hat den Vorteil, dass sich beide Seiten dann ganz darauf einstellen können.

In der Bedienung für Smartphones ist noch keine Gesprächsanleitung für sinnvolle Kommunikation enthalten. Wir können nur selbst – manchmal unliebsame – Erfahrungen sammeln (wie beim ungewollten Mithören intimer Gespräche im öffentlichen Raum) und dürfen uns nicht dazu hinreißen lassen, angesichts der immensen technischen Möglichkeiten unsere „Selbstbestimmung“ zu verlieren.

Richtig telefonieren: Die wichtigsten Tipps in Kürze

  • Den richtigen Zeitpunkt und den passenden Ort wählen. Will und kann ich jetzt überhaupt aufmerksam telefonieren? Bei abgehenden Gesprächen sollte kurz angefragt werden, ob es gerade passt.
  • Die Stimmung des anderen hinter den Worten hören und im Gespräch berücksichtigen.
  • Auch bei sachlichen Gesprächen können ein, zwei persönliche Sätze den Verlauf des gesamten Telefonats positiv beeinflussen.
  • Sachinformationen sollten so vermittelt werden, dass sie auf die Bedürfnisse des Gesprächspartners angepasst sind und er sich „gesehen“ fühlt.

Soweit erstmal ein Einstieg in das Thema Richtig Telefonieren und eine Erinnerung an diese scheinbar so einfachen Dinge, die wir schon lange wissen, aber trotzdem oft nicht umsetzen.

Ich wünsche  Ihnen ebenso wertschätzende wie wertschöpfende Gespräche und ein feines Gespür für den Klang hinter den Worten.

Ihre

Silke Volkmann

Weitere Tipps zu Stimme und Auftreten in „Der kleine Stimmkompass. Lebendig sprechen – punktgenau landen“ von Silke Volkmann, ISBN 978-3-9816020 -0-5

* Wie die sachliche und die emotionale Ebene mit zwei weiteren Kommunikationsebenen interagieren („4 Ohren Modell“) ist in dem empfehlenswerten Klassiker der Kommunikationspsychologie „Miteinander Reden – Störungen und Klärungen“ Bd.1 von Friedemann Schultz von Thun nachzulesen.

Bild: Julian Carvajal | flickr.com | CC by 2.0 | Ausschnitt

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