Unerlaubte Fragen im Vorstellungsgespräch
Veröffentlicht: 24.10.2016 | Update: 25.07.2023 | Lesedauer: 5 Minuten
In jedem Bewerbungsgespräch werden viele Fragen gestellt. Personaler wollen so natürlich herausfinden, inwieweit ein Kandidat die Erwartungen erfüllt, die seine Bewerbungsunterlagen geweckt haben. Deshalb sollten Bewerber möglichst ehrlich und authentisch anworten, damit sie kein verzerrtes Bild von sich liefern. Doch manche Frage lässt einen zweifeln, ob eine wahrheitsgemäße Antwort tatsächlich angebracht ist. Was darf der Arbeitgeber eigentlich fragen und wonach nicht? Und dürfen Bewerber zur Lüge greifen, wenn Personaler ihnen unerlaubte Fragen im Vorstellungsgespräch stellen?
Zugegeben, bei der einen oder anderen üblichen Frage können Bewerber schon mal ins Schwimmen geraten. Zum Beispiel, wenn es um die eigenen Schwächen geht oder darum, ob man Durchsetzungsvermögen hat. Mancher versucht dann, Defizite schönzureden. Aber im Vorstellungsgespräch nicht ganz ehrlich zu sein, ist selten eine gute Idee. Denn spätestens im Arbeitsalltag steht man ziemlich dumm da. Allerdings gibt es auch Fragen, die der potenzielle Arbeitgeber gar nicht stellen darf und solche, die sich in einer Grauzone bewegen, also ausnahmsweise zulässig sein können.
Was sind unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch?
Unerlaubte Fragen im Vorstellungsgespräch sind insbesondere jene, die gegen das Diskriminierungsverbot im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen. Dazu gehört zum Beispiel die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft oder nach der Herkunft. Das Gesetz hat zum Ziel, Benachteiligungen aufgrund von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion und Weltanschauung, der Ethnie oder einer Behinderung zu vermeiden und gilt eben auch im Bewerbungsgespräch. Trotzdem werden unzulässige Fragen gestellt, wie zum Beispiel:
• Glauben Sie an Gott, und wenn ja, an welchen?
• Sind Sie schwanger oder planen eine Schwangerschaft?
• Haben Sie homosexuelle Neigungen?
• Aus welchem Land kommen Ihre Vorfahren?
• Sind Sie älter als 40?
Wohl jeder Arbeitgeber möchte möglichst viel über einen potenziellen Kandidaten wissen, um ein rundes Bild über die Persönlichkeit zu erhalten. Umgekehrt muss kein Bewerber alles von sich preisgeben, denn er hat ein Recht auf seine Privatsphäre. Deshalb sind Fragen, die zu sehr auf das Privatleben abzielen, ebenfalls unzulässig. Das können Fragen sein, wie:
• Leben Sie in einer festen Partnerschaft?
• Haben Sie Schulden?
• Wie oft trinken Sie Alkohol?
• Haben Sie Vorstrafen?
• Sind Sie Mitglied einer Partei oder Gewerkschaft?
Wie reagiert man auf unerlaubte Fragen im Vorstellungsgespräch?
Grundsätzlich gilt: Hat eine eigentlich unzulässige Frage keine Relevanz für den angestreben Job, muss sie auch nicht beantwortet werden. Weil aber gar nichts zu sagen auch nicht gut ankommt, dürfen Bewerber bei der Antwort von der Wahrheit abweichen. Es besteht also das Recht zur Lüge, was auch keine Konsequenzen hat, wenn sich später herausstellt, dass man nicht ehrlich war. Eine alternative Möglichkeit ist der Hinweis an den Personaler: »In dieser Frage sehe ich keinen Bezug zur ausgeschriebenen Position«.
Wann unerlaubte Fragen im Vorstellungsgespräch doch beantwortet werden müssen
Trotzdem sind Situationen denkbar, wo unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch ausnahmsweise doch gestellt und auch wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen. Das ist immer dann der Fall, wenn es um bestimmte Voraussetzungen für die konkrete Stelle geht. So hat zum Beispiel ein Arbeitgeber, der einen Prokuristen einstellen will, ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, ob gegen den Bewerber Vorstrafen wegen Untreue oder Urkundenfälschung bestehen. Nach Vorstrafen zu Verkehrsdelikten dürfte der Arbeitgeber allerdings hier nicht fragen, da das für die Position irrelevant ist.
Ähnlich verhält es sich bei Fragen zu einer Schwangerschaft, (Vor)erkrankungen bzw. einer Behinderung, sofern die generelle Eignung für den Job davon abhängt. In einigen Fällen trifft den Bewerber sogar eine Offenbarungspflicht. Er muss den Arbeitgeber von sich aus auf bestimmte Umstände hinweisen, ohne danach gefragt zu werden – nämlich wenn er durch diese gehindert ist, den Job auszuüben. Das kommt bei einer bevorstehenden Haftstrafe in Betracht oder bei einer ansteckenden Krankheit, die Kollegen und Kunden gefährdet. Auch ein Bäcker mit Mehlstauballergie muss das zum Beispiel in einem Bewerbungsgespräch um einen Bäckerjob ungefragt offenlegen.
Beliebt ist ebenfalls die Frage nach dem letzten Gehalt. Auch sie gehört eigentlich zu den unerlaubten Fragen im Vorstellunggespräch. Doch die Rechtsprechung sieht Ausnahmen vor. Die Frage muss beantwortet werden, sofern bisherige und angestrebte Position vergleichbare Qualifikationen voraussetzen oder der Bewerber eine erfolgsabhängige Vergütung erhalten hat. Sollte sich der Personaler dennoch nach dem aktuellen Gehalt erkundigen, ohne dass das Thema relevant ist, können Bewerber anmerken, dass der letzte / momentane Arbeitgeber alle Mitarbeiter darum bittet, Verschwiegenheit über das Gehalt zu wahren und man sich daran gerne halten möchte.
Welche Fragen im Bewerbungsgespräch sind erlaubt?
Mitunter gar nicht so einfach, zulässige und unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch auseinanderzuhalten. Wonach Arbeitgeber immer fragen dürfen, sind Dinge, die sich unmittelbar auf den Job direkt und die persönliche Eignung dafür beziehen. Deshalb sind Bewerber gut beraten, im Hinblick auf vorhandene Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen sowie bei Angaben zur beruflichen Laufbahn bei der Wahrheit zu bleiben. Enttarnt der Arbeitgeber später eine Lüge, wird das als arglistige Täuschung gewertet. Der Arbeitgeber hat dann das Recht, den Arbeitsvertrag anzufechten und auch Schadenersatzansprüche geltend zu machen.
Die reine Wahrheit kann jedoch bei manch anderen zulässigen Fragen durchaus schädlich sein. Etwa, wenn es darum geht, weshalb man den Job wechseln möchte. Wer hier gnadenlos ehrlich ist und angibt, der aktuelle Vorgesetze sein ein Choleriker, der keine Ahnung von seinem Job hat oder man fühle sich momentan am Arbeitsplatz kontrolliert und ausgebremst, tut sich damit keinen Gefallen. Denn kein Personaler hört es gern, wenn schlecht über den bisherigen Arbeitgeber geredet wird. Stattdessen sollte man sich bei der Antwort darauf fokussieren, weshalb man gerne für das neue Unternehmen arbeiten möchte.
Fazit
Wann Fragen im Vorstellungsgespräch zulässig oder unzulässig sind, ist oft situationsabhängig. Weil weder Alter oder Herkunft noch Familienstand etwas zur Eignung für einen Job aussagen, besteht hier generell kein Fragerecht des Arbeitgebers. Bei anderen Fragen kommt es darauf an, ob sie einen direkten Bezug zur angestreben Position haben. Sofern Personaler aber gleich mehrere unerlaubte Fragen im Vorstellunggespräch stellen, sollten sich Bewerber schon fragen, ob sie für einen Arbeitgeber arbeiten wollen, der es mit der Privatsphäre seiner Mitarbeiter offenbar nicht so genau nimmt.
Gender-Hinweis
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die geschlechtsspezifische Differenzierung nicht durchgehend, sondern meist das generische Maskulinum (z. B. „der Arbeitgeber“). Sämtliche Personenbezeichnungen gelten jedoch gleichermaßen für jedes Geschlecht und sollen keinerlei Benachteiligung darstellen. Die verkürzte Sprachform hat ausschließlich redaktionelle Gründe und ist wertfrei.
Beitragsbild: Adobe Stock | Dionell