Job-Sharing – Modernes Arbeitszeitmodell
Veröffentlicht 24.10.2016 | Update 29.06.2020
Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Denn wer heute in den Beruf einsteigt, geht mit ganz anderen Werten und Vorstellungen heran als die Generation davor. Das beweist die Studie „Arbeitswelt im Wandel“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Insbesondere die Zahl der sogenannten atypischen Beschäftigungen, wie zum Beispiel Teilzeit, hat deutlich zugenommen. Eine moderne Form der Teilzeit-Arbeit ist das Job-Sharing. Doch für wen ist dieses Arbeitszeitmodell geeignet und welche Vor- und Nachteile bietet es?
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WAS IST JOB-SHARING EIGENTLICH?
Jobsharing ist ein Arbeitszeitmodell, bei welchem sich zwei oder mehrere Arbeitnehmer eine Vollzeitstelle teilen. Die rechtlichen Grundlagen für diese moderne Form der Teilzeitarbeit sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz (§ 13 TzBfG) geregelt. Im Gegensatz zu einer klassischen Teilzeittätigkeit unterscheidet sich das Jobsharing darin, dass die Arbeitnehmer zusammen eine Stelle innehaben. Das heißt, sie teilen sich Aufgaben und Verantwortungen der gemeinsamen Arbeitsstelle und legen (in der Regel) die Arbeitszeiten selbstständig untereinander fest. Zwar ist das mit einem erhöhten Planungsaufwand verbunden, jedoch bietet ein solches Modell größere Flexibilität für die beteiligten Arbeitnehmer.
WIE FUNKTIONIERT JOB-SHARING?
Einerseits können Jobsharer sich lediglich die Arbeitszeit teilen. Wobei sie relativ unabhängig voneinander tätig sind, weil Zeitrahmen und Aufgaben durch den Vorgesetzten festgelegt werden. Andererseits können sie aber auch gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Das heißt, sie sprechen sich untereinander hinsichtlich der Aufgaben ab und treffen gemeinschaftliche Entscheidungen. Um Planung und Organisation zu erleichtern, sind hierfür gemeinsame Bürotage üblich.
Grundsätzlich kann die Aufteilung der Arbeitszeit ganz unterschiedlich ausfallen (20/80, 40/60, 50/50, etc.) und muss auch nicht immer 100 % ergeben. Gerade in Führungspositionen kommen auch gern 70/70-Verhältnisse vor, sodass beide Parteien in der Woche etwa 30 Stunden arbeiten.
Außerdem kann individuell geklärt werden, wann die Arbeitszeit geleistet wird, etwa in Form einer Splittung in Früh- und Spätschicht (wie es Ärzte gern handhaben). Daneben ist es möglich, dass jeder der Jobsharer nur jeweils eine halbe Woche volle Schichten arbeitet und sich dann mit dem anderen abwechselt. Dies bietet sich bspw. für Außendienstpositionen an, wo mehrtägige Reisen vorkommen können. Ebenso denkbar sind wöchentlich oder monatlich wechselnde Arbeitszeiten. Wünscht der Arbeitgeber eine wochenlange Abwesenheit nicht, bedarf es einer entsprechenden vertraglichen Regelung. Denn beim Jobsharing-Modell verzichtet der Arbeitgeber teilweise auf sein Direktionsrecht bezüglich der Arbeitszeiten.
INDIVIDUELLE ARBEITSVERTRÄGE BEIM JOB-SHARING
Beim Jobsharing schließt jeder Arbeitnehmer einen eigenen Arbeitsvertrag. Dort werden Stundenzahl und Gehalt individuell festgelegt. Selbstverständlich hat jeder Jobsharer Anspruch auf Urlaub. Zwischen den Jobsharern untereinander bestehen aber keine Rechtsbeziehungen. Das bedingt auch, dass ein Partner beim Ausfall des anderen nicht automatisch zur Vertretung verpflichtet ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn es so im Vertrag geregelt ist. Oder aber, wenn der Jobsharer im Einzelfall zugestimmt hat, die Vertretung zu übernehmen. Sofern einer der Jobsharer das Unternehmen verlässt, ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, dem anderen deswegen zu kündigen.
FORMEN DES JOB-SHARING
Mittlerweile gibt es mehrere Formen des Jobsharings und man kann bei der Zeit- und oder Aufgabenteilung auch individuelle Kompetenzen einbeziehen. Drei mögliche Modelle des Jobsharings seien hier kurz genannt:
Job-Splitting – im Prinzip zwei Teilzeitstellen:
Meint die Aufspaltung eines Vollzeitarbeitsplatzes in mehrere Teile, wobei die einzelnen Mitarbeiter eigenverantwortlich arbeiten. Im Großen und Ganzen haben sie das gleiche Ziel und ähnliche Aufgaben, arbeiten allerdings unabhängig voneinander und selten zur gleichen Zeit.
Job-Pairing – das „echte“ Jobsharing:
Aufspaltung einer Position wie beim Job-Splitting, mit dem Unterschied, dass Mitarbeiter nicht unabhängig voneinander arbeiten. Sie bearbeiten Aufgaben und Projekte zusammen, sind in enger Abstimmung und tragen am Ende auch gemeinsam die Verantwortung. Üblich (und zunehmend beliebte Praxis) ist hier, auch die anfallenden Aufgaben nach eigenen Stärken aufzuteilen.
Top-Sharing – Aufteilung einer Führungsposition:
Beim Top-Sharing wird das Job-Pairing in die höhere Ebene gehoben. Herausforderung hierbei ist, dass die verantwortlichen Mitarbeiter den gleichen Führungsstil haben sollten und die Chemie zwischen beiden stimmen muss. Von einer harmonischen, fairen und transparenten Zusammenarbeit hängt hier nämlich nicht nur ihr persönlicher Erfolg ab, sondern auch der ihrer unterstellten Mitarbeiter.
IST JOB-SHARING IM VERTRIEB SINNVOLL? FÜR WEN IST ES GEEIGNET?
Praktisch jeder Arbeitnehmer im Vertrieb kann sich für das Jobsharing entscheiden. Einzig bei der Position eines Key Account Managers könnte es herausfordernd werden, wenn man dem Schlüsselkunden rund um die Uhr ein und denselben Ansprechpartner bieten möchte. Anders im Außendienst: Hier eignet sich Jobsharing perfekt. Denn Kundentermine und Dienstreisen können wunderbar mit dem Jobpartner geplant werden. So haben auch Arbeitnehmer mit familiären Verpflichtungen die Möglichkeit, sich in diesem Job zu verwirklichen.
Ob es für einen persönlich das richtige ist, muss jeder selbst entscheiden. Jedoch bringen gerade Menschen im Vertrieb prinzipiell sämtliche Voraussetzungen für ein funktionierendes Jobsharing-Modell mit. Dazu zählen unter anderem:
- Kommunikationstalent
- Organisationstalent
- Verständnis und Vertrauen zum potenziellen Jobsharing-Partner
- Kompromissbereitschaft
JOB-SHARING: VORTEILE
- Für junge Familien ist das Jobsharing oftmals eine gute Alternative zu einer Vollzeitstelle. So haben Jobsharer mehr Zeit für die Kinderbetreuung. Aber auch Zeit für pflegebedürftige Familienmitglieder, für eigene Projekte, Hobbies oder einfach nur für sich selbst.
- Eine Stelle lässt sich in der Regel sehr flexibel und ganz nach Bedarf zwischen den Arbeitnehmern aufteilen.
- Zwei oder mehrere Arbeitnehmer teilen sich die Verantwortung. Das sorgt bei stressigen Jobs, etwa mit häufigen Deadlines, für Erleichterung.
- Top-Sharing senkt besonders bei Führungskräften den oft erhöhten Stresspegel, wodurch weniger Burnouterkrankungen und Überstunden die Folge sein können.
- Die Aufgaben werden nach den jeweiligen Stärken oder Vorlieben aufgeteilt. Dadurch sind Jobsharer oft motivierter und produktiver.
JOB-SHARING: NACHTEILE
- Konflikte sind vorprogrammiert, wenn die Chemie zwischen den Parteien nicht stimmt.
- Wird einer der Jobsharer krank, muss der andere zeitweise einspringen. Es sei denn, dies ist im Arbeitsvertrag nicht eindeutig geregelt.
- Häufige Arbeitsübergaben, insbesondere zwischen mehr als zwei Parteien, können bei mangelnder Absprache die Arbeitsabläufe im Unternehmen stören.
- Jobsharing bedeutet immer auch einen Verzicht auf einen Teil des Gehalts.
EIGENINITIATIVE FÜRS JOB-SHARING GEFRAGT
Aber es ist bei diesem Thema wichtig zu wissen, dass die Initiative für das Jobsharing in den meisten Fällen vom Arbeitnehmer ausgehen muss. Denn von deutschen Unternehmen werden entsprechende Positionen im Vertrieb nahezu gar nicht ausgeschrieben. In den letzten zwei Jahren kam der Begriff ganze 32 Mal im Anzeigentitel vor (Quelle: index AnzeigenDaten). Anders sieht es bspw. in Großbritannien aus, wo bereits 2014 48 % der Jobangebote für Jobsharing ausgelegt waren.
Einerseits hat man die Möglichkeit, den Vorgesetzten zu fragen, ob die Chance besteht, eine vorhandene Stelle zu splitten. Alternativ kann man sich direkt mit einem Jobsharing-Partner gemeinsam auf eine Vollzeitstelle bewerben und bereits in der Bewerbung die Aufteilung der Position vorschlagen. Für diesen Ansatz existieren mittlerweile Plattformen wie Tandemploy, über die man sich austauschen und zusammenfinden kann.
FAZIT ZUM JOB-SHARING
Jobsharing kann eine produktivitätsfördernde und durchaus sinnvolle Arbeitszeitvariante sein. Dadurch lässt sich, ganz getreu dem Motto „geteiltes Leid ist halbes Leid“, eine ausgewogene Work-Life-Balance erreichen. Wobei man seine Arbeit bestenfalls nicht als Leid empfindet.
Die Grundbedingung und gleichzeitig größte Herausforderung ist jedoch, dass man den passenden Partner dafür findet, dem man blind vertrauen kann.
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Bild: tableatny | flickr.com | CC by 2.0 | Ausschnitt