Alternativangebote – Eine gute Taktik im Verkauf?

Veröffentlicht: 24.10.2016 | Update: 12.06.2023 | Lesedauer: 8 Minuten

Je mehr Alternativen wir aufgezeigt bekommen, desto schwerer fällt es uns, eine Entscheidung zu treffen. Trotzdem wird in vielen Verkaufstrainings das Anbieten von Alternativen als Königsweg vermittelt. Denn Alternativangebote würden – beispielsweise im Rahmen von Upselling – Kunden eher zum Kauf bewegen und zur Umsatzsteigerung beitragen. Aber stimmt das wirklich? Vertriebsexperte Stephan Heinrich zeigt in diesem Artikel, weshalb Alternativen nicht immer den gewünschten Effekt haben, sondern auch mal zum »Vertriebs-Eigentor« werden und den Auftrag vereiteln können.

Inhalt
Der Weg zur Kaufentscheidung
Fehler in der Verkaufsstrategie
Entscheidungsverzögerung durch Alternativangebot
Kunden brauchen keine Alternativangebote
Entscheidung fördern statt Alternativangebote machen
Alternativangebote begünstigen das Verharren im Status Quo
Fazit

Alternativangebote erschweren die Entscheidung

Vermutlich hat auch Ihnen schon einmal jemand gesagt, es sei gut, dem Kunden Alternativangebote zu machen. Das mag ein Satze sein wie: »Möchten Sie am Dienstag oder am Donnerstag nochmal telefonieren?«, ein Upgrade auf ein bereits bestehendes Angebot oder ähnliches. Anhand eines Beispiels aus meiner eigenen Erfahrung will ich einmal deutlich machen, wie ein Alternativangebot eine Entscheidung auch erschweren oder den Auftrag ganz verhindern kann. Jeder Vertriebler weiß: Bevor Kunden sich zum Kauf entschließen, durchlaufen sie mehrere Entscheidungsphasen.

Der Weg zur Kaufentscheidung

Erinnern Sie sich an den guten alten Overheadprojektor? Es gab zwar bereits elektronische Beamer, dennoch war ich bis 2004 bei meinen Trainings noch mit zwei schweren Koffern unterwegs. Darin jeweils 250 Folien, akribisch nach Begriffen geordnet. Innerhalb von Sekunden konnte ich die richtige Folie finden, auflegen und den Projektor einschalten. Das Bild blieb so lange sichtbar wie nötig, bis ich das Gerät abschaltete und die Aufmerksamkeit wieder auf mich ziehen konnte.

Der Grund, weshalb ich noch 2004 Folienkoffer herumgetragen habe: Ich war noch nie ein Fan von der Praxis, bei Vorträgen ständig ein Bild vor Augen zu haben, obwohl bereits ein ganz anderer Gegenstand thematisiert wird. Doch die damals gängigen Beamer ließen sich im Gegensatz zum Overheadprojektor nicht beliebig ein- und ausschalten – bis ich von einem neuen Beamer hörte, bei dem man das Bild per Tastendruck schwarz schalten kann. Der Umstieg wäre einfach gewesen, denn ich hatte meine Folien ohnehin als Datei dabei. So könnte ich in Zukunft mit rund 40 Kilo Gepäck weniger reisen.

In jenem Jahr war ich geschäftlich auf der CeBIT und nahm mir deshalb Zeit, um Hersteller von diesen Beamern aufzusuchen. Das war jedoch einfacher gesagt als getan. Denn jedes Mal, wenn ich nach der Schwarzschalt-Funktion fragte, bekam ich zu hören, dass es das nicht gäbe. Schließlich begegnete ich einem etwas geschickteren Verkäufer, der mich fragte: »Schwarz-Taste? Klingt interessant. Was genau meinen Sie damit?«. Nun hatte ich Gelegenheit, mein Problem zu schildern. Als ich fertig war, sagte er: »Da können wir Ihnen auf jeden Fall das Richtige anbieten!«. Danach klärten wir noch einige Details hinsichtlich Leuchtleistung und anderen Punkten. Dann war endlich klar, welches Modell ich nehmen sollte.

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Fehler in der Verkaufsstrategie

Ein Beamer hatte damals einen stolzen Preis. Aber meine Investitionsentscheidung war gefallen und ich war gewillt, den Auftrag zu erteilen und die 5000 Euro dafür zu berappen. Ich wollte das Gerät sofort am Stand dieses Systemhauses für Bürotechnik bestellen und da zeigte sich der erste Fehler in der Verkaufsstrategie des Händlers: Ich konnte den Beamer am Messe-Stand nicht sofort ordern! Jedoch solle ich meine Visitenkarte hinterlassen. Dann würde man mir das Angebot erstellen, kurzfristig zusenden und ich müsse lediglich unterschreiben.

Mir wurde nicht zu viel versprochen. Noch vor meiner Rückkehr von der CeBIT lag das Angebot auf meinem Tisch. Allerdings mit einem Fehler, der einem Eigentor gleicht. Aber der Reihe nach. Das Angebot war wie versprochen eingetroffen, der Preis und auch die übrigen Daten stimmten. Da war allerdings noch mehr. Unter dem Projektor stand: »Frühjahrs-Aktion – statten Sie Ihren Projektor für nur 200 statt 499 Euro mit einem WLAN-Adapter aus und machen Sie sich frei von Kabellängen und Stolpergefahr«. Mein Interesse war geweckt. Das klang fantastisch. Den Projektor einfach über WLAN steuern, ohne lästiges Kabel – wunderbar.

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Entscheidungsverzögerung durch Alternativangebot

Allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch ein altes Notebook ohne integrierte WLAN-Funktion. Die Anschaffung war für die Sommerpause geplant. Als kurze Zeit darauf eine nette Dame aus dem Vertrieb anrief und mich fragte, ob das Angebot angekommen und zu meiner Zufriedenheit sei, antwortete ich, dass ich zwar sehr zufrieden bin, aber erst nach der Sommerpause eine Entscheidung treffen würde. Sie fragte mich artig, ob sie mich Ende August oder Anfang September wieder anrufen dürfe und ich entschied mich beherzt für das Letztere.

Sie ahnen es sicher: Bis Anfang September hatte sich die Welt schon wieder verändert. Ich hatte inzwischen festgestellt, dass jeder meiner Kunden über einen solchen Projektor im Unternehmen verfügte, den ich für meine Trainings nutzen konnte. In öffentlichen Räumen war so etwas sowieso vorhanden – ich konnte also auf die Anschaffung eines eigenen Beamers verzichten. Und das, obwohl ich im März noch bereit war, 5000 Euro dafür auszugeben. Ein unglaubliches Vertriebs-Eigentor.

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Kunden brauchen keine Alternativangebote

Was lief falsch? Ich denke, das haben Sie längst erkannt. Meine Entscheidung für das Angebot wurde unnötigerweise erschwert, weil ich zusätzlich wählen musste, ob ich die WLAN-Option wollte. Und das, obwohl ich ja bereits mündlich bestellt hatte. Hier also zwei Empfehlungen an den Vertrieb:

❶ Wenn der Kunde »Ja« gesagt hat, bitte kein Alternativangebot, sondern eine Auftragsbestätigung zusenden.
❷ Wenn schon Angebote, dann bitte nur annehmbare Angebote! Also keine Optionen und Varianten anbieten.

Möglicherweise geht Ihnen jetzt der Gedanke durch den Kopf: »Wieso sollten wir keine Varianten anbieten? Unsere Kunden verlangen danach! Wir müssen mehrere Versionen, Qualitäten oder Stückzahlen anbieten, weil das so gefordert wird«. Es ist natürlich möglich, dass das gefordert wird. Und eine Erklärung ist, dass Sie es nicht mit dem Entscheider zu tun haben, sondern mit Beeinflussern. Da kann es sehr gut sein, dass Sie »Vergleichsangebote« abgeben sollen. Egal, was Sie da reinschreiben, es wird ohnehin nicht beauftragt werden. Zumindest nicht ohne Nachverhandlung.

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Entscheidung fördern statt Alternativangebote machen

Gehen wir nun davon aus, dass Sie es doch mit einem Entscheider zu tun haben. Aber auch dieser verlangt Alternativen. Warum tut er das? Nun, zum einen, weil er unsicher ist und zum anderen, weil er nicht weiß, was er genau braucht. Zudem traut er Ihnen nicht zu, eine Auswahl für ihn zu treffen. Das ist jetzt Ihre Chance, es zu ändern. Lassen Sich mich dies anhand eines weiteren Beispiels verdeutlichen:

Nehmen wir an, ich brauche ein neues Mobiltelefon. In erster Linie benötige ich es zum Telefonieren. Darüber hinaus möchte ich aber auch meine E-Mails und Kontakte griffbereit und Termine im Blick haben. Nenne ich diese Dinge einem weniger erfahrenen Verkäufer in einem Telefonladen, wird er vermutlich sagen: »Da drüben ist die Vitrine mit unseren Business-Smartphones, da können Sie sich ein Beliebiges aussuchen«. Und wenn er besonders unerfahren ist, wird er jetzt fragen: »Was wollen Sie denn ausgeben?«.

Ein sehr guter Verkäufer hingegen wird mir jetzt ein paar Fragen stellen. Zum Beispiel, welches Smartphone ich bisher hatte, was mir daran besonders gefällt, was mir wichtig ist. Und dann würde er vermutlich sagen: »Bei dem, was Sie mir gerade geschildert haben, kann ich Ihnen nur eine Empfehlung aussprechen: Nehmen Sie das Modell XYZ. Damit werden alle Ihre Anforderungen erfüllt«.

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Alternativangebote begünstigen das Verharren im Status Quo

Während es im ersten Fall sehr schwer fällt, sich zu entscheiden, gelingt dies im zweiten wesentlich leichter. Da treffe ich die Entscheidung, indem ich einfach »Ja« sage. Und wenn die Alternative »Ja« jetzt auch noch attraktiver ist als die Alternative »Nein«, dann ist klar, was passieren wird.

Widmen wir uns erneut der Frage, warum allgemein die Überzeugung herrscht, man müsse dem Kunden mehrere Alternativen bieten. Ich denke die Antwort ist, dass bei simplen Kaufentscheidungen in unserem Alltag die grundsätzliche Entscheidung für den Kauf schon getroffen ist. Wenn Sie sich zehn Minuten bei Starbucks in der Schlange angestellt haben, stellt sich nicht mehr die Frage, ob Sie einen Kaffee trinken. Sondern nur noch welchen.

Beim Umgang mit Geschäftskunden und Investitionen gibt es hingegen fast immer die Alternative Status quo. Die Kunden haben die Möglichkeit, nicht zu investieren und zu warten. Wenn die Wahl zwischen vielen Alternativen aufwendig ist, dann erscheint es besonders attraktiv, gar nichts zu kaufen. Deshalb sollten Sie die Entscheidung begünstigen, indem Sie ähnlich wie unser Profi-Telefonverkäufer die Lage sondieren und dann die beste Alternative anbieten.

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Fazit

Wenn Geschäftskunden Alternativangebote fordern, dann sind sie in der Regel keine Entscheider, sondern Materialsammler. Achten Sie dann darauf, dass Sie vor Abgabe des Angebotes verstanden haben, wer entscheidet und was dem Entscheider wichtig ist. Falls tatsächlich der Entscheider mehrere Alternativen fordern sollte, ist er noch unentschlossen. Sie können dann Alternativen vorlegen, vergessen Sie aber nicht, dass wir uns einfacher entscheiden können, wenn das Alternativangebot überschaubar ist.

Nehmen Sie dieses Wissen bitte in Ihren Verkaufsalltag mit auf. Achten Sie darauf, dass Sie Entscheidungen begünstigen und nicht unnötig erschweren. Auch ein sicherlich durchdachter und vermeintlich perfektionierter Verkaufsprozess kann schlecht sein, wenn er durch Alternativangebote Entscheidungen verhindert, statt sie zu begünstigen. Finden und eliminieren Sie solche Umsatzverhinderer in Ihrer Organisation!

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Beitragsbild: Adobe Stock | Wayhome Studio

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