Investitionsentscheidung leicht gemacht

Nur wenn die Investition mehr einbringt als die Investitionssumme kann eine Investitionsentscheidung getroffen werden. Ganz rational betrachtet muss das so sein, denn sonst sollte man sein Geld lieber festhalten. Oftmals muss der erwartete Erlös sogar um ein Vielfaches höher sein als die Investitionssumme, damit sich ein Unternehmer darauf einlässt. Das ist vergleichbar mit dem Prinzip bei Geldanlagen. Je sicherer die Anlage, desto niedriger die Zinsen. Riskante Anlagen versprechen hingegen sogar bis zu zehn Prozent – wenn auch einkalkuliert werden muss, dass man gar nichts zurückbekommt.

Investitionsentscheidung

Risikobewertung vor der Investitionsentscheidung

Ohne Frage: Wir können die Zukunft nicht vorhersagen. Das bedeutet, dass jede Risikoeinschätzung stets auf Erfahrungen aus der Vergangenheit beruht. Diese Erfahrungen sind immer individuell, denn es gibt ebenso den sicherheitsbewussten Sparbuch-Anleger wie den risikofreudigen Investor. Natürlich geht auch Letzterer nicht davon aus, dass etwas schiefgehen wird, denn sonst würde er kaum investieren. Er schätzt die Lage nur anders ein.

Daraus lässt sich ableiten, dass wir eine Investitionsentscheidung  begünstigen können, wenn die Risikobewertung des Entscheiders sinkt und die Gewinnerwartung steigt. Daher beschäftigen wir uns nun mit zwei Werkzeugen, die genau auf diese beiden Effekte einwirken. Dabei handelt es sich einerseits um den Evaluationsplan, der das Risiko senkt und andererseits um die Investitionsrechnung, mit der man den erhofften Ertrag plastisch sichtbar macht.

Der Evaluationsplan

Vielleicht kennen Sie diesen Effekt: Sie nehmen sich etwas vor, etwa mehr Sport zu treiben oder sich gesünder zu ernähren. Irgendwie kommen Sie jedoch nicht dazu und fürchten, Ihr Entschluss könne doch nur ein Strohfeuer sein. Deshalb fangen Sie gar nicht erst an. Das ist zwar nicht besonders rational aber sehr menschlich.

Machen wir uns eine Erkenntnis aus der Psychologie zunutze: Es fällt uns nämlich leichter, vorläufige statt endgültige Entscheidungen zu treffen. So fällt es Ihnen leichter, sich vorzunehmen, in den kommenden zwei Wochen an drei Tagen für 30 Minuten zu joggen und erst dann zu entscheiden, ob es eine dauerhafte Angewohnheit werden soll.

In unserer Beziehung zum Geschäftskunden können wir diesen Effekt der Vorläufigkeit für uns nutzen. Und zwar indem wir die Investitionsentscheidung in Bezug zu einem großen Nutzen stellen, das damit verbundene Risiko jedoch mittels Ausstiegsklauseln reduzieren.

Lassen Sie mich dies an einem Beispiel verdeutlichen: Angenommen, es geht um die Anschaffung von Tablet-Computern für rund 200 Außendienstmitarbeiter. Die Geräte sollen die Arbeit des Außendienstes insgesamt erleichtern und effektiver gestalten. Der Anbieter ist ein Systemhaus, das auf diese Art von Projekten spezialisiert ist.

Der Systemhausanbieter hat vermutlich bereits ähnliche Projekte betreut. Auch wenn Volumina und Leistungspakete unterschiedlich sind: Von der Struktur her sind sie vermutlich identisch.

Dem Entscheidungsverlauf eine Struktur geben

Für einen optimalen Evaluationsplan ist es wichtig, dem Entscheidungsverlauf eine Struktur zu geben, die Sicherheit ausstrahlt und im Falle einer Fehlentwicklung die Möglichkeit eines Ausstiegs bietet. Die Basis-Struktur kann dabei vorbereitet und gemeinsam mit dem Kunden um die konkreten Daten ergänzt werden. Die grundlegende Struktur könnte so aussehen:

Datum AktionCheckpoint
3.11.Treffen mit IT-Abteilung zur Klärung der offenen Fragen 
8.11.Vorstellung der Lösung im Geschäftsleitungsmeeting. Eignungsbeweis. Einwilligung in den Evaluationsplan.

13.11.Workshop zur Ausarbeitung der Lösung und des genauen Investitionsbedarfs und des geplanten Return on Investment. Dauer 2 Tage. Kosten € 4000,- an Beratungsleistung. 
20.11.Präsentation in der Geschäftsleitung und Genehmigung der weiteren Schritte.

21.11.Ausarbeitung eines Projektplans zur Einführung der Lösung und Genehmigung durch die IT-Abteilung

1.12.Beginn des Pilotbetriebs mit 5 Außendienstmitarbeitern. Erfolgskriterien für Pilot stehen fest. Investition in Höhe von € 30.000,- 
15.1.Abschluss-Präsentation der Ergebnisse des Pilotbetriebs. Entscheidung in der Geschäftsleitung über die Freigabe der restlichen Investition für den kompletten Außendienst. Auftragsvergabe.

18.1.Beginn des Roll Out an den kompletten Außendienst 
8.2.Projektabschluss 

Die Spalte Datum ist zu Beginn noch leer und wird erst in Absprache mit dem Kunden ausgefüllt. Der Rest jedoch ist grundlegend vorbereitet, wobei die Besonderheit in den vordefinierten Ausstiegspunkten besteht. Im vorliegenden Beispiel kann der Kunde direkt nach der Vorstellung der Lösung im Geschäftsleitungsmeeting aussteigen. Er wäre dann, ohne auch nur einen Cent investiert zu haben, wieder frei. Steigt er an diesem Punkt nicht aus, beginnt automatisch der erste Workshop mit einer ersten Zahlung von 4.000 Euro.

Kurz darauf gibt es wieder zwei Möglichkeiten auszusteigen und die Verluste wären begrenzt, wenn der Kunde hier entscheidet, dass sich eine Gesamtinvestition nicht lohnt. Andernfalls geht es weiter mit dem Pilotbetrieb und wenn nach dessen Ergebnispräsentation die Reißleine nicht gezogen wird, folgt der große Rollout. Dessen Investitionssumme steht zwar noch nicht fest, der Kunde erfährt diese jedoch nach dem ersten Workshop.

Der Kunde muss sich nur einmal entscheiden

Der entscheidende Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin begründet, dass der Kunde sich zwar nur einmal entscheiden muss, das Risiko aber nicht in einem Stück zu tragen braucht. Da er das Projekt an den Ausstiegspunkten stoppen kann, ist die Variante ähnlich zu der, Einzelentscheidungen zu treffen.

Allerdings besteht bei drei Entscheidungen die Gefahr, dass es eher zu einem Projektabbruch kommt. Auch deshalb, weil das Gesamtprojekt zwar einen Nutzen hat, nicht jedoch jedes einzelne Teilprojekt. Deshalb ist es auch schwer, einen Evaluierungsworkshop als ersten Schritt zu verkaufen, weil dieser für sich betrachtet keinen Wert für den Kunden bietet. Wertlose Dienstleistungen sind fast unverkäuflich. Wenn der Workshop der erste untrennbare Schritt zum Gesamtnutzen ist, dann steigt die Bereitschaft ihn zu bezahlen.

Die Investitionsentscheidung erleichtern

Den Evaluationsplan benötigen wir als Instrument, um dem Kunden komplexe Projektentscheidungen leichter zu machen. Die Entscheidung für den Projektstart fällt ihm leichter, wenn er nicht von Beginn an das volle Risiko tragen muss.

Er hat zwar ebenso viele Ausstiegspunkte wie bei der herkömmlichen Schritt-für-Schritt-Verkaufsmethode, die Zahl der Entscheidungen wird jedoch insgesamt reduziert und damit auch die Chance auf ein „Nein“. Bestimmt können Sie für Ihre Verkaufsprojekte einen ähnlichen Ablaufplan machen und diesen zu einem frühen Zeitpunkt mit dem Kunden besprechen und die Termine der einzelnen Schritte vereinbaren.

Die Investitionsrechnung

Eine Investition lohnt sich dann, wenn sie mehr einbringt als die Summe, die innerhalb eines überschaubaren Zeitraums investiert wird. Der Zeitraum kann dabei je nach Branche und den dort üblichen Abschreibungszeiträumen variieren. In der Schwerindustrie sind beispielsweise längere Amortisationszeiträume üblicher als in der schnelllebigen Medienindustrie.

Wenn es um eine Investitionsentscheidung geht, ist die grundlegende Struktur fast immer gleich: Eine größere Zahlung wird durch nach und nach eintretende Einsparungen oder Zusatzerträge kompensiert. Diese sollten in einem Bild plastisch dargestellt werden. Die Ideen dazu, wie der Nutzen monetär verdeutlicht werden kann, sollten Sie bereits im Kundengespräch erarbeitet haben. Wenn Sie hier gründlich gearbeitet haben, wissen Sie, welche betriebswirtschaftlichen Ergebnisse sich der Kunde erhofft, also zum Beispiel Kostenreduktion oder Ertragssteigerung.

1.            Mehr Ertrag

Wie kann Ihr Kunde durch den von Ihnen versprochenen Nutzen seinen Erfolg am Markt steigern? Welche neuen Kunden erreicht er? Welche Preissteigerungen sind nun denkbar? Wie lassen sich Umsätze früher als jetzt realisieren?

2.            Weniger Kosten

Wie sorgt Ihre Lösung dafür, dass Kosten eingespart werden können? Welche Kosten entfallen komplett?

Viele Vertriebsorganisationen konzentrieren sich auf die Kostenreduktion. Diese ist zwar interessant, aber vom Umfang her sehr begrenzt. Die Einsparung beträgt maximal 100 Prozent und das ist in diesem Ausmaß meist nicht sinnvoll. Eine Ertragssteigerung hingegen ist unbegrenzt möglich.

Nur relevante Einsparungen nennen

Daher ist es ratsam, nur relevante Einsparungen zu nennen. So ist zum Beispiel eine Zeiteinsparung für die Mitarbeiter des Kunden nur dann eine Kosteneinsparung, wenn dadurch wirklich Gehaltskosten eingespart werden können. Das ist nur dann der Fall, wenn tatsächlich ein Stellenabbau vorgenommen wird oder wenn im Unternehmen Ihres Kunden eine detaillierte Kostenverrechnung verwendet wird, die diesen Kostenvorteil auch in der Kostenrechnung messbar werden lässt.

Wenn die Zeitersparnis eher so zu verstehen ist, dass die Mitarbeiter Zeit für andere Aufgaben nutzen können, dann finden Sie einen Weg, um den zusätzlichen Ertrag darzustellen, der so möglich ist. In diesem Fall sollten Sie nicht mit Kosteneinsparungen argumentieren, weil dieses Argument mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Kunden nicht akzeptiert wird.

Der Weg zur Investitionsentscheidung als gemeinsames Bauprojekt

Erarbeiten Sie mit ihm die Berechnungsgrundlagen Schritt für Schritt. Es ist entscheidend, dass die Werte, die Sie zur Berechnung verwenden, auch genauso von Ihrem Kunden genannt wurden. Nur dann können Sie Akzeptanz für die Ergebnisse der Berechnung erwarten. Sie liefern die Ideen und Berechnungsformeln, Ihr Kunde liefert die Werte aus seiner Praxis.

Ich stelle mir das wie ein gemeinsames Bauprojekt vor. Stellen Sie sich vor, dass Sie die Bausteine für die Investitionsrechnung in einem kleinen Beutel dabei haben. Die Bausteine sind Lego-Steine, die Sie gemeinsam mit Ihrem Kunden verwenden, um die Investitionsrechnung zu bauen. Manche Steine werden nicht berücksichtigt, weil sie nicht passen oder gefallen. Andere bekommen einen besonders prominenten Platz. Auf diese Weise entsteht ein Konstrukt, das nachher sowohl von Ihnen als auch vom Kunden akzeptiert wird.

Ihr Stephan Heinrich

12.11.2014

Siehe auch: Alternativangebote im Verkaufsgespräch?

Bild: Bruno Glätsch | pixabay.com

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