Motivierte Mitarbeiter: Das Wichtigste im Unternehmen
Wer möchte, dass die Belegschaft besondere Leistungen bringt, der braucht motivierte Mitarbeiter. Wolfgang Wienen, Autor, erfahrener Trainer und Coach, berichtet im Interview, wie Chefs und Führungskräfte ihre Mitarbeiter begeistern und was Mitarbeiter demotiviert.
salesjob: Herr Wienen, warum sollte ein Unternehmen – egal ob kleiner Händler oder großer Konzern – motivierte Mitarbeiter haben? Spielt das überhaupt eine große Rolle?
Wolfgang Wienen: Ja, auf jeden Fall, denn motivierte Mitarbeiter sind das Wichtigste im Unternehmen. Nur Mitarbeiter, die motiviert sind, also starkes Interesse zeigen und sich einsetzen, bringen optimale Leistungen. Und davon hängt der Unternehmenserfolg ab. Ohne motivierte Mitarbeiter stehen Führungskräfte und Vorgesetzte auf verlorenem Posten. Der Misserfolg des Unternehmens, beispielsweise in Form von fallenden Umsätzen, fehlenden Deckungsbeiträgen und schlechter Qualität nimmt in diesem Fall extrem zu.
salesjob: Wie erkennt man, ob Mitarbeiter demotiviert sind?
Wolfgang Wienen: Typisch für demotivierte Mitarbeiter sind viele Ausfälle in Form von Krankheit. Die Fehlerquote und Umsatzrückgänge im Unternehmen steigen exorbitant an, weil die Angestellten gleichgültig sind und nur noch „Dienst nach Vorschrift“ machen. Unter den Mitarbeitern herrscht dann eine starke Unternehmensgleichgültigkeit. Das heißt, sie beginnen pünktlich, arbeiten ihren Job lustlos ab und machen pünktlich Feierabend. Sie denken nicht mehr selbstständig mit und erledigen nichts mehr ohne direkte Anweisung. Bei größeren Anforderungen fallen Sätze, wie: „Das gehört nicht zu meinen Aufgaben.“, „Was soll ich denn noch alles machen?“, „Wenn der Kunde nicht kaufen will, soll ich ihn dazu prügeln?“ oder „Das interessiert mich nicht!“.
salesjob: Kann mangelnde Motivation auch ansteckend sein?
Wolfgang Wienen: Definitiv ja, wenn der unmotivierte Mitarbeiter ein Meinungsbildner im Unternehmen ist. Das ist sogar sehr gefährlich, weil er die anderen Mitarbeiter mit herunterzieht. Aber auch eher ruhigere Mitarbeiter, die sehr demotiviert sind, können im Unternehmen zur Belastung werden. Wenn solche Angestellten immer wieder über die Firma meckern, setzt sich das bei den Kollegen irgendwann im Kopf fest. Und plötzlich konzentrieren sich alle Mitarbeiter nur noch auf die negativen Punkte im Unternehmen und sehen überall Probleme. Übrigens erlebe ich nicht selten, dass der Vorgesetzte der Negativmacher ist und schlechte Stimmung verbreitet.
Ein Beispiel: In einem von mir geleiteten Workshop sollten die Mitarbeiter die Stärken und Schwächen ihres Unternehmens auf Karten schreiben. Am Schluss hatten wir etwa 10 Karten mit positiven Meinungen und 90 Karten mit negativen Meinungen. Von den negativen Äußerungen war keine doppelt und alle richteten sich gegen den Chef. Der fiel aus allen Wolken, denn er hielt sich für einen zwar harten, aber auch sehr guten Vorgesetzten. Sein Selbstbild war total verzerrt. Er bat mich um Hilfe, und wir haben daran gearbeitet.
Ich sehe oft, dass Führungskräfte beim Thema Motivation versagen. Manche kommen frisch von der Universität, haben von der Praxis keine Ahnung und spielen den Besserwisser, ohne auf die Mitarbeiter und Fachleute zu hören, die das Tagesgeschäft kennen. Ich rate Juniorchefs deshalb, zuerst alle Bereiche kennenzulernen und vor allem sich im Bereich der Unternehmens- und Mitarbeiterführung weiterzubilden, bevor sie eine Firma übernehmen.
salesjob: Welche Möglichkeiten haben Chefs von mittelständischen Firmen, ihre Mitarbeiter zu motivieren? Ist das überhaupt machbar? Schließlich haben die meisten Vorgesetzten wenig Zeit.
Wolfgang Wienen: Das ist sehr gut machbar. Gerade bei kleinen- und mittelständischen Händlern ist es ein großes Manko, dass die Inhaber und Führungskräfte oft nicht loslassen können. Die Chefs sind selbst erfahrene Handwerker und glauben nun, dass sie überall mitreden und jede Arbeit bis ins Kleinste mitbestimmen müssen. Als Berater bekommt man im Gespräch dann zu hören: „Die Mitarbeiter können das einfach nicht so gut wie ich.“
Für Angestellte ist es natürlich sehr demotivierend, einen Chef zu haben, der ihrem Wissen und ihrer Fachkompetenz nicht vertraut. Deshalb ist die größte Motivation für Mitarbeiter, sie nicht zu demotivieren. Denn Menschen sind von Natur aus motiviert. Gerade im Handel bzw. Verkauf kann man seine Talente entfalten. Man ist neugierig und an der Arbeit bzw. dem Menschen interessiert. Wichtig ist es auch, dass Führungskräfte klare und transparente Regeln aufstellen, damit die Mitarbeiter wissen, was im Unternehmen erlaubt ist und was nicht.
Darüber hinaus müssen Unternehmens- und Arbeitsziele für die Mitarbeiter transparent und nachvollziehbar sein. Viele Chefs verteilen einfach die Aufgaben, ohne ihren Mitarbeitern zu erklären, warum etwas getan werden muss. Bei den Angestellten entstehen dann große Fragezeichen. Als Chef muss ich meine Mitarbeiter nicht ständig nach ihrer Meinung fragen. Aber ich sollte sie informieren und in gewissem Umfang mitbestimmen lassen.
salesjob: Ist nicht geschimpft Lob genug?
Wolfgang Wienen: Das ist definitiv falsch. Man muss loben. Nur wer lobt, schafft es auch, andere zu motivieren. Ein Vorgesetzter sollte auch nette Worte fallen lassen, dabei aber nicht übertreiben. Supernette Chefs, bei denen die Mitarbeiter alles dürfen, sind ebenfalls demotivierend. Eine große Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Kontrolle. Denn der Mensch ist im Grunde sehr bequem und geht den Weg des geringsten Widerstands.
Spüren die Mitarbeiter, dass ihre Arbeitsergebnisse nicht kontrolliert werden, dann tauchen Gedanken auf, wie: „Warum soll ich das überhaupt erledigen, prüft ja sowieso niemand.“ Wir brauchen keine Diktatoren oder Patriarchen als Vorgesetzte. Aber es muss regelmäßig kontrolliert werden und die Mitarbeiter müssen es wissen. Ein Lob zählt dann wesentlich mehr und motivierte Mitarbeiter sind die Folge. Ich persönlich halte nachhaltige Kontrolle deshalb für eines der wichtigsten Werkzeuge in der Führung.
salesjob: Was kann man sonst noch tun, um motivierte Mitarbeiter zu haben?
Wolfgang Wienen: Vorgesetzte sollten regelmäßig Mitarbeiterentwicklungsgespräche führen. Einmal pro Jahr setzt man sich mit dem Mitarbeiter zusammen und zieht Bilanz. Dabei kommt zur Sprache, wie Vorgesetzte, Kollegen und Kunden den Mitarbeiter von seinen fachlichen Leistungen und seinem Verhalten her einstufen und wie der Mitarbeiter das Unternehmen und sich selbst sieht. Was ist sehr gut gelaufen? Wo gibt es Schwierigkeiten und Verbesserungsmöglichkeiten? Welche Noten kann man den Leistungen geben?
Für das Mitarbeitergespräch nützt das Unternehmen ein Formular, das sowohl der Vorgesetzte als auch der Mitarbeiter jeweils allein ausfüllen. Im Gespräch entsteht daraus dann eine ausführliche Mitarbeiterbeurteilung und eine Zielvereinbarung für das kommende Arbeitsjahr. Das ist ein absolut motivierendes Werkzeug.
Zudem sollten Führungskräfte einmal wöchentlich oder mindestens einmal im Monat ein Meeting mit ihren Mitarbeitern durchführen. Wichtig ist, dass solche Sitzungen klar strukturiert sind und ein konkretes Ergebnis bringen. Es darf dabei nicht nur um technische Fragen gehen. Der Vorgesetzte muss seine Führungsaufgabe wahrnehmen und mit den Mitarbeitern besprechen, wie sich die geplanten Arbeitsziele verwirklichen lassen. Von Bedeutung ist auch ein positives Arbeitsumfeld.
salesjob: Das heißt, motivierte Mitarbeiter bekommt man eher durch „weiche“ Faktoren und weniger durch mehr Gehalt oder Extras, wie Prämienzahlungen?
Wolfgang Wienen: Ich halte eine leistungsgerechte Bezahlung für wichtig, aber für die Motivation absolut nicht entscheidend. Prämienzahlungen sind schöne Beiwerke, jedoch nicht dauerhaft motivierend. Vor allem Prämien, die einmal im Jahr ausgeschüttet werden, haben keinen direkten Bezug zu bestimmten Leistungen mehr und sind als Motivationsanreiz schnell wieder vergessen.
Wenn Prämien bezahlt werden, müssen die Mitarbeiter sie monatlich oder quartalsweise erhalten und auch permanent erfahren, inwieweit sie ihre Ziele erreicht haben. Sonst besteht die Gefahr, dass sich die Angestellten erst kurz vor der Auszahlung der Prämien ins Zeug legen. Mitarbeiter arbeiten auch ohne Prämien gerne, wenn sie mit den Arbeitsbedingungen zufrieden sind.
Eine andere Möglichkeit, Mitarbeiter mit Extras zu motivieren, sind Teamevents. Das muss nicht immer das Survival-Training im Wald sein, sondern vielleicht ein Strategie-Workshop, bei dem die Mitarbeiter gemeinsam überlegen: „Wie soll es im Unternehmen weitergehen?“ Sehr motivierend sind auch Weiterbildungsmaßnahmen. Das kommt immer gut an. Und natürlich kann ein Chef auch so genannte Incentives ausloben, das heißt, herausragende Leistungen außergewöhnlich belohnen. Beispielsweise durch ein vom Unternehmen bezahltes Wochenende in Nizza. Das bleibt noch lange in Erinnerung.
Ihr Wolfgang Wienen
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