Reframing – Hilfreiche Zustände erzeugen
„Babyboom nach der Fußball-Weltmeisterschaft – Euphorie schlug sich auf Liebesleben nieder“. So titelten die Zeitungen knapp neun Monate nach dem Fußballfest, dessen Folgen sich dann ganz unmittelbar in Deutschlands Kreißsälen zeigten. Mediziner bringen die Sache auf den Punkt: Die Einstellung des eigenen Körpers und die Rolle der Hormone werden oft unterschätzt. Wer eine positive Grundstimmung hat, wird auch einfacher schwanger. Nun fragen Sie sicher: „Was bedeutet das für uns, für Vertriebsabteilung, Vertriebsleiter und Mitarbeiter?“ Sie kennen wahrscheinlich die Technik des Reframing, die darin besteht, den Betrachtungsrahmen und die Perspektive zu erweitern oder zu verändern.
Fördernde und hindernde Zustände
Es gibt Zustände und Befindlichkeiten, die uns beflügeln: Erfolg, Freude, Begeisterung, Liebe, Vertrauen, Sicherheit. Und es gibt Zustände, die uns lähmen: Frust, Angst, Trauer, Unsicherheit und Ärger. Und so sind diese Zustände manchmal nützlich für die Zielerreichung, manchmal hinderlich. Wem es gelingt, sich persönlich in einen guten Zustand zu versetzen, hat gute Aussichten, sich in eine Positivspirale einzuklinken. Sie gehen Ihre Aufgaben in der festen Überzeugung an, „es“ zu schaffen und Ihre Ziele zu erreichen.
Wer sich selbst in einem guten Zustand befindet, verfügt über die richtige Ausstrahlung, um das gleiche bei anderen zu bewirken: bei Mitmenschen, bei Kunden, bei Mitarbeitern. Die hohe Kunst im Umgang mit Menschen besteht darin, andere in einen guten Zustand zu versetzen. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang ein Zitat: „Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz“ – dieser drastische Ausspruch wird dem Reformator Martin Luther zugeschrieben.
Auf die Körperhaltung kommt es an
Den eigenen Zustand und den anderer Menschen ins Positive zu verändern: Wie geht das? Grundsätzlich stehen uns zwei Wege offen: Wir beeinflussen unseren Zustand über den physiologischen Aspekt – dazu gebe ich Ihnen das Beispiel „Körperhaltung“. Stellen Sie sich vor, Sie sind „nicht gut drauf“. Dies drückt sich in Ihrer Körpersprache aus: heruntergezogene Mundwinkel, hängende Schultern, schlurfender Gang.
Aber was passiert mit Ihrem Zustand, wenn Sie Ihre Körperhaltung verändern? Wenn Sie Ihren Kopf in die Höhe, die Schultern nach hinten und dabei die Brust heraus strecken? Stehen Sie auf und bringen Sie Ihren Körper in Schwung, indem Sie mit erhobenem Kopf durch den Raum gehen. Können Sie sich vorstellen, dass eine Änderung in Ihrer Körperhaltung Ihre Gefühle und somit Ihren momentanen Zustand ändert? Probieren Sie es aus, es funktioniert so gut wie immer.
Beeinflussen Sie Ihr Denken mit Reframing
Der zweite Weg zu einem hilfreichen Zustand führt über die mentale Beeinflussung. Einen ressourcevollen Zustand erreichen Sie, indem Sie mittels Reframing Ihrem Denken einen neuen Rahmen geben. Ich nenne Ihnen ein Beispiel aus meinem eigenen Erfahrungsschatz: Ich befand mich auf dem Weg zu einem äußerst wichtigen Kunden. Das Problem: Ich hatte am Vorabend zu exzessiv Sport getrieben. In der Nacht „bebte“ mein Körper nach, und so tat ich kaum ein Auge zu. Kein Wunder also, dass ich morgens unausgeschlafen war. Mein körperlicher Zustand blieb nicht unbemerkt, und so überfiel mich eine pessimistische Grundstimmung: Wie nur sollte ich die schwierige Präsentation erfolgreich überstehen?
Ich sah mich schon vor den Vertriebsleitern sehen: stotternd, schlotternd. Wie in einem solchen Zustand andere überzeugen? Das kann nichts geben, wo doch die Zeiten sowieso schwer sind und die Leute in ihrer Geiz-ist-geil-Stimmung jeden Cent dreimal umdrehen … Sie sehen: Ich stand kurz davor, mich in die Negativspirale einzuklinken, in der die sich selbst erfüllende Prophezeiung ihr Unwesen treibt. Also kurz vor dem Ziel rechts rangefahren und erst einmal den Körper in Schwung gebracht.
Ich versuchte zusätzlich, die Situation durch Reframing gedanklich in einem anderen Licht zu sehen, und zwar in einen positiven: „Keinen Auftrag hast Du schon“, sagte ich mir. Ich machte mir klar, dass ich optimal vorbereitet war und nichts zu verlieren hatte. Wenn es nicht funktionieren würde: Selbst schuld – ich übernehme die Verantwortung für die Pleite. Und wenn ich die Verantwortung für meinen Zustand und die Folgen übernehme, kann ich aktiv etwas an ihm ändern.
Mit Reframing auf die Stärken fokussieren
Schließlich konzentrierte ich mich auf das, was ich erreichen wollte: Die Entscheidungsträger, vor denen ich gleich stehen werde, sind skeptisch, klar. Ich werde mit Hilfe des aktiven Zuhörens und der Fragetechnik – denn das sind meine Stärken – ihre Vorbehalte abfragen und auf dieser Grundlage meine Argumentationsstrategie aufbauen. Denn Zustandsmanagement durch positives Denken allein genügt nicht, hinzu kommen müssen meine Fachkompetenz und mein Können als Verkäufer.
Und beides hatte ich oft genug unter Beweis gestellt, wenn ich in schwierigsten Verhandlungsgesprächen doch noch den Schlüssel fand, der mir das Tor zur Welt des Kunden aufschloss. Sie werden das Ende vom Lied ahnen. Ich ging locker und bestens gelaunt in die Präsentation und war vielleicht nie so gut wie an diesem Tag. Das heißt:
- Wenn wir etwas (zu) negativ sehen, haben wir negative Gedanken, die uns Energie rauben und in einen negativen Zustand bringen, so dass wir uns selbst im Weg stehen.
- Wenn wir jedoch etwas positiv sehen, führt uns dies zu fördernden Gedanken und erinnert uns an Situationen, in denen etwas gelungen ist. Diese Gedanken geben uns Kraft und versetzen uns in einen hilfreichen Zustand, in dem wir uns nutzbringend und engagiert verhalten.
Unsere Gedanken sind Aufträge an unser Unterbewusstein. Und dieses kann nicht unterscheiden zwischen Wirklichkeit und Vorstellung. Darum ist es wichtig, dass wir unser Unterbewusstsein mit positiven Gedanken füttern. Entwickeln Sie sich zum Steuermann Ihrer Gedanken und Gefühle. Denken Sie positiv und vermitteln Sie – als Führungskraft – Ihren Mitarbeitern ein gutes Gefühl. Helfen Sie ihnen, in einen guten und verkaufsförderlichen Zustand zu kommen – indem Sie loben und anerkennen, Ihr Lob begründen, die Erfolge und das, was geklappt hat, gebührend herausstellen und feiern.
Zustandsmanagement hat Grenzen
Ist dies ein Plädoyer für das positive Denken in allen Lebenslagen, immer und überall? Mitnichten. Denn positives Denken heißt nicht, die Welt durch eine rosarote Brille betrachten. Probleme wird es immer geben. Aber vielleicht sollten wir Probleme als Chancen sehen. Probleme sind Chancen im Arbeitskittel. Positives Denken bedeutet nicht, Probleme zu verneinen, sondern an die eigene Kraft zu glauben, diese Probleme aus der Welt zu schaffen.
Trotzdem stößt das Zustandsmanagement an seine Grenzen. In Seminaren stellen Teilnehmer häufig die Frage, wie sie reagieren sollen, wenn schwerwiegende Ereignisse es unmöglich machen, durch Reframing einen guten Zustand herbeizuführen. Wenn Krankheit oder gar ein Todesfall in der Familie vorliegt. Meine Antwort ist eindeutig: Sagen Sie Ihren Termin – und sei er noch so wichtig – sofort ab oder bitten Sie einen Kollegen, Sie zu vertreten. Und nennen Sie den Grund, Sie können mit Verständnis rechnen. Zustandsmanagement ist kein Allheilmittel. Es muss personen- und situationsangemessen eingesetzt werden, gleich ob es um Ihren Zustand geht oder den Ihrer Mitarbeiter.
Ihr
Theobald Humbert
humbert.intem.de
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