Verkaufspräsentation: Tipps für den Umgang mit besonderen Begriffen

Sind Sie schwer von Begriff? Diese Form der Beleidigung mag in sprachlicher Hinsicht vielleicht etwas antiquiert sein, funktioniert jedoch immer noch. Denn etwas nicht zu begreifen, ist gleichbedeutend mit »doof sein«. Da machen Sie sich keinen Begriff…, Ich begreife das nicht …, Der muss begriffsstutzig sein … Wahrscheinlich kennen Sie diese Ausdrücke, die allesamt eines gemeinsam haben: Das Verständnis fehlt und sie weisen darauf hin, dass einer unserer wichtigsten Sinne offenbar der Tastsinn sein muss, der in »greifen« steckt. Dabei dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass jeder von uns etwas anderes mit einem bestimmten Begriff in Verbindung bringen kann. Das gilt im allgemeinen und besonders auch für die Verkaufspräsentation.

Verkaufspräsentation

Begriffe geben uns Sicherheit

Lassen Sie mich dies an einem Beispiel verdeutlichen. Sicher kennen Sie  den Begriff »Cloud«. Der ist aktuell zwar in aller Munde, deswegen aber längst nicht klar und eindeutig definiert. Während manche die Cloud als DEN neuen Trend in der IT-Industrie betrachten, der Arbeitsplätze schafft und die europäische Wirtschaft stützt, sehen andere die Cloud eher als unkalkulierbares Risiko. Insbesondere weil unsere Daten samt Benutzung und Speicherort räumlich undefinierbar werden und sich dadurch unserem geltenden Rechtssystem entziehen.

Bei den einen gilt die Cloud als sicherste Methode für die Speicherung von Daten, weil diese auch bei Totalverlust der Hardware schnell wieder verfügbar sind. Für die anderen ist die Cloud der Datenschutz-Super-GAU, weil wichtige Informationen ungeschützt im Internet zugänglich sein könnten. Also was ist die Cloud nun? Die Antwort ist eindeutig: Ihre Bedeutung entsteht im Kopf des Betrachters. Es kann keine feste Bedeutung für »Cloud« geben. Die einen denken so – die anderen denken so.

Ein Begriff kann unterschiedliche Emotionen auslösen

Nehmen wir mal den Begriff »Golk«. Das sagt Ihnen vielleicht erst einmal nichts und daher wird der Begriff auch nicht viel bei Ihnen auslösen. Angenommen, Sie erfahren nun, dass es sich dabei um ein frühzeitliches Schneidewerkzeug aus Skandinavien handelt, das zum Häuten von Jagdbeute verwendet wurde. Und jetzt wird es interessant, denn je nachdem, ob Sie eher passionierter Jäger sind oder ein engagierter Tierschützer, wird der Begriff unterschiedliche Emotionen auslösen.

Fragen Sie sich gerade, ob »Golk« wirklich diese Bedeutung hat? Die Antwort lautet: Nein, das habe ich mir ausgedacht. Denn bei jungfräulichen Begriffen ist es möglich, diese mit Emotion aufzuladen. Ein Effekt, den sich beispielsweise Namensagenturen zu Nutze machen, wenn sie Namen wie »Panamera« oder »Zafira« erfinden, die anders als »Mustang« oder »Record«, die man früher für Fahrzeugnamen nutzte, zunächst ohne emotionale Bedeutung sind. Diese Leere wird dann systematisch mit emotionalen Werbebotschaften aufgeladen.

Was bedeutet das für die Verkaufspräsentation?

Und wie können wir diese Erkenntnis für unsere tägliche Arbeit bei der Verkaufspräsentation nutzen? Nun, wenn es darum geht, eine Entscheidung herbeizuführen, ist der Umgang mit Begriffen sehr riskant, denn in dem Moment, in dem Sie mit einem Begriff arbeiten, verlieren Sie die Kundenperspektive.

Angenommen, Sie verwenden in einer Verkaufspräsentation den Begriff »Konsolidierung«. Das bedeutet laut Lehrbuch: Festigung, Sicherung eines Bestandes (von lateinisch consolidare = fest machen, stark machen). Darüber hinaus könnte es auch Einsparungsmaßnahmen bedeuten. Der Begriff kann somit auch negative Emotionen auslösen. Beispielsweise, wenn der Ehepartner gerade seinen langjährigen Arbeitsplatz wegen »routinemäßiger Konsolidierung« verloren hat.

Wenn Sie also den Begriff »Konsolidierung« verwenden, verlieren Sie die Kontrolle über die Kundenperspektive. Denn jeder sucht nun in seinem eigenen Erfahrungsschatz nach der individuellen Bedeutung für den Begriff. Und damit einher gehen individuelle Emotionen.

Emotionaler Blindflug bei der Verkaufspräsentation

Das heißt, wenn wir einen Begriff hören, suchen wir automatisch in unserer Erfahrung nach der Bedeutung. Zeitgleich werden auch die damit verknüpften Emotionen geweckt. Das ist sinnvoll, weil wir auf diese Weise intuitiv auf Gefahren reagieren können oder Angenehmes finden. Bei komplexeren Begriffen allerdings ist es unmöglich zu wissen, was unser Gesprächspartner darunter versteht, geschweige denn, welche Emotionen er damit verknüpft. Wir begeben uns quasi in einen emotionalen Blindflug.

Die Alternative ist Zuhören, Verständnis und echtes Interesse. Manch ein Leser wird sich jetzt vielleicht fragen wie das mit einer Verkaufspräsentation zusammenpasst. Das ist aber gar nicht so schwer. Im Grunde genommen kommt es darauf an, gut vorbereitet zu sein und trotzdem erst einmal seine Gesprächspartner zu Wort kommen zu lassen.

Was dem Gesprächspartner durch den Kopf geht

Angenommen, Sie müssen Ihrem Chef das Projekt »ERP Erweiterung Lagerverwaltung« verkaufen. Wie könnte das funktionieren? Jedenfalls nicht mit den drei Begriffen. Und warum nicht? Weil Sie nicht einschätzen können, was Ihrem Chef durch den Kopf geht, wenn er »Lagerverwaltung« hört. Das könnte sein »Abschreibungen durch Inventurfehlmengen«, »Beschleunigung der Lagervorgänge« oder gar »Lagerbestand zu hoch, um Ertrag langfristig zu sichern«.

Alternativ könnten Sie zu Ihrem Chef sagen: „Chef, wenn Sie jetzt an das Verbesserungspotenzial im Lager denken, was sind da Ihre wichtigsten Prioritäten?“ Damit wechseln Sie in die Perspektive des Gesprächspartners und geben ihm die Möglichkeit, seine Ideen, Emotionen und Begriffe zu setzen. Auf diese Weise lenken Sie seine Emotionen nicht in eine unbekannte Richtung, sondern nutzen den Leitstrahl seiner ureigenen Interessen, um Ihre Projektidee auf den Weg zu bringen.

Was Sie über den Umgang mit Begriffen wissen sollten

Begriffe sind unterschiedlich belegt. Wir können unterschiedliche Bedeutungen hineininterpretieren. Das geschieht rein auf der Sach-Ebene. Wenn Sie den Begriff »Hund« verwenden, haben Sie vermutlich einen ganz anderen Typ Hund vor Augen, als ich oder jeder andere Mensch. Wenn der Präsentierende den Begriff verwendet, gibt ihm das Sicherheit, weil in seiner Vorstellung völlig klar ist, was er meint. Er sagt »Hund«, sieht das Tier vor sich und kommt gar nicht auf die Idee, dass jemand eine völlig andere Vorstellung davon haben könnte. Das ist der erste potenzielle Fehler, der bei der Verwendung von Begriffen entstehen kann: Die Bedeutungsebene.

Die zweite Abweichung dürfte auf der Bewertungsebene liegen. Unser Gehirn ist darauf trainiert, Situationen zu erkennen und bewerten. Gut oder schlecht? Angenehm und gewollt oder unangenehm und ungewollt? Wenn Sie in letzter Zeit von einem Hund gebissen wurden, wird die Verwendung des Begriffs etwas bei Ihnen auslösen. Wenn Sie sich gerade einen süßen Welpen angeschafft haben, löst das Wort etwas anderes aus, als bei einem anderen Zuhörer, der gerade seinen langjährigen treuen Begleiter beerdigen musste.

Der zweite potenzielle Kommunikationsfehler tritt auf, wenn unsere Erlebnisse mit diesem Begriff eine Auswirkung auf unser Denken haben. Wir alle sind die Summe unserer bisherigen Erfahrungen und das beeinflusst unser Denken. Präsentatoren können unmöglich die Summe der Erfahrungen ihres Publikums kennen. Daher unterliegt die Verwendung von Begriffen immer einem großen Bewertungsrisiko.

Ihr Stephan Heinrich

Siehe auch: Wodurch werden Entscheidungen beeinflusst?

Bild: Free-Photos | pixabay.com

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