Verkaufspsychologie im Vertrieb sinnvoll nutzen
Veröffentlicht: 04.06.2019 | Update: 07.09.2022 | Lesedauer: 6 Minuten
Was zeichnet gute Verkäufer aus? Vielleicht hat man ihnen wirklich das Talent zum Verkaufen in die Wiege gelegt und sie verfügen über das sagenumwobene Verkaufsgen. Ganz bestimmt jedoch verstehen sie ihr Handwerk. Sie kennen sich mit Verkaufspsychologie aus und können die darauf basierenden Kniffe und Tricks richtig anwenden. Und wir alle wissen, dass Marketing und Verkauf davon so einige auf Lager haben, um ihren Kunden ein Angebot oder ein Produkt schmackhaft zu machen und sie zum Kaufen zu bewegen. Aber warum und wie funktioniert das eigentlich?
Inhalt
➠ Was ist Verkaufspsychologie?
➠ Wodurch werden Kaufentscheidungen beeinflusst?
➠ Gängige verkaufspsychologische Tricks
➠ Verkaufspsychologie im Verkaufsgespräch
➠ Mit Verkaufspsychologie zum Verkaufserfolg
Definition: Was ist Verkaufspsychologie?
Als Teilbereich der psychologischen Forschung beschäftigt sich die Psychologie des Verkaufens mit Denk- und Verhaltensmustern von Menschen im Hinblick auf ihr Einkaufsverhalten. Denn Menschen treffen Kaufentscheidungen keineswegs aus rein rationalen Gründen – etwa, weil sie ihren Bedarf an einem bestimmten Produkt decken müssen. Die Verkaufspsychologie erforscht, welche Faktoren beim Kaufen zum Tragen kommen und wie Unternehmen bzw. Marketing und Verkauf diese nutzen können, um Kunden effektiver anzusprechen.
Zwar ist das Gebiet der Verkaufspsychologie ein noch relativ junger Forschungszweig. Die Wurzeln reichen aber über 100 Jahre zurück. Zu den Pionieren zählt der US-amerikanische Werbeprofi Elmo Lewis, der bereits 1898 mit seiner AIDA-Formel die Wirkung von Werbung anschaulich dargestellt hat. Durch die Methoden der modernen Hirnforschung wissen wir heute nicht nur, wie Werbung funktioniert, sondern können auch ziemlich genau erklären, was uns zum Kaufen bewegt.
Wodurch werden Kaufentscheidungen beeinflusst?
Wir sind einem fortwährenden Informationsfluss aus unserer Umgebung ausgesetzt. Müssten wir jede einzelne davon bewusst verarbeiten, wären wir komplett überfordert. Um uns einen solchen »Overload« zu ersparen, nimmt uns unser Unterbewusstsein eine Menge Arbeit ab. Es sortiert Informationen vor und legt sie in passende Gedankenschubladen ab. Auf diese Weise können wir zum Beispiel innerhalb von Sekundenbruchteilen einschätzen, ob uns in einer speziellen Situation Gefahr droht oder nicht. Wir nutzen vorgeprägte Handlungsmuster und erprobte Routinen, die uns helfen, schnell und effizient Entscheidungen zu treffen.
Dieses Prinzip durchdringt unseren gesamten Alltag und macht auch vor dem Einkaufsregal nicht halt. Farben, Gerüche und Geräusche sowie andere Schlüsselreize – wie etwa die Reaktionen anderer Menschen – nehmen Einfluss auf unser eigenes Verhalten. Genau hier setzen verkaufspsychologische Instrumente an. Die Forschung weiß inzwischen, dass unser Kaufverhalten vor allem emotional geprägt ist. So würden wir kein Produkt von einem Unternehmen kaufen, das ein sehr negatives Image hat. Genauso machen wir einen Bogen um Verkäufer, die uns unsympatisch und unseriös vorkommen, weil wir da einfach kein gutes Gefühl haben.
Verkaufspsychologie und Farben
Verkaufspsychologie setzt beispielsweise beim Einsatz von Farben an. Wir verbinden Farben unterbewusst mit Emotionen. Marketing und Verkauf nutzen Farben, um Aussagen zu Produkt und Preis zu untermalen. Rot gilt als Signalfarbe und macht uns etwa besonders auf reduzierte Preise aufmerksam. Außerdem gilt rot als dynamisch und aktiv und fordert uns zum Handeln auf. Blau wiederum wird mit Beständigkeit und Verlässlichkeit verknüpft, grün steht für Qualität, Fairness und Nachhaltigkeit. Die farbliche Gestaltung von Verpackungen, Preisschildern, Prospekten usw. nimmt unbewusst Einfluss auf die Kaufentscheidung.
Gängige verkaufspsychologische Tricks
Viele Tricks aus der Verkaufspsychologie appellieren ganz einfach an menschliche Urinstinkte oder erlernte und erprobte Handlungsmuster. Wie lässt sich Psychologie in Verkauf und Vertrieb nutzen? Es gibt einige bekannte und bewährte Tricks, mit denen man leichter verkaufen kann.
Verknappung
Jeder der online shoppt, kennt das: »Nur noch wenige Artikel auf Lager…« oder » Angebot nur heute verfügbar…«. Das Prinzip der Verknappung erzeugt eine Art Handlungsdruck bei Kunden, weil es eine einmalige, besondere Gelegenheit suggeriert, bei der eine schnelle Entscheidung gefragt ist. Und es beflügelt ein gutes Gefühl nach dem Kauf. Immerhin hat man ja ein Schnäppchen gemacht.
Preisanker
Die Wirkung des Ankereffekts gehört zu den beliebten Tricks bei der Preisgestaltung. Geht es um Zahlen, nutzen wir die erste, die man uns präsentiert, als Bezugspunkt. Rabatte funktionieren so (»nur 50 statt 120 Euro«), aber auch der Mehrverkauf kann angekurbelt werden, wenn zuerst das teuerste Produkt verkauft wird. Kunden empfinden ein geringerpreisiges Angebot danach als besonders günstig.
Gegenseitigkeit
Das Prinzip der Gegenseitigkeit beruht auf der Tatsache, dass Menschen sich aus ihrem Inneren heraus gehalten sehen, sich für ein Geschenk oder Anerkennung erkenntlich zu zeigen. Kostenlose Dreingaben oder Probeabos erhöhen so die Kaufbereitschaft. Umgekehrt fühlen Menschen sich schlecht, wenn sie Erwartungen nicht erfüllen. Deshalb kann ein Angebot, dass für einen Kunden nicht in Frage kommt, dazu führen, dass er umso mehr bereit ist, ein anderes anzunehmen.
Nachahmung
Das Verhalten anderer Menschen wirkt für uns wie ein Magnet und wir orientieren uns automatisch daran. Bleiben vor einem Straßenmusikanten ein paar Leute stehen, sammelt sich bald eine Menschentraube. Genauso beeinflussen uns die Meinungen anderer bei Kaufentscheidungen. Wird ein Produkt von vielen empfohlen, muss es einfach gut sein. Referenzen und Empfehlungen sind deshalb ebenfalls ein wichtiges verkaufspsychologisches Instrument.
Verkaufspsychologie hat viele Facetten, die im Grunde genommen alle auf menschlichem Verhalten beruhen. Einer der Kernpunkte beim Einsatz verkaufspsychologischer Tricks ist das Wissen, dass Menschen sich im allgemeinen gut fühlen wollen. Sie möchten Streit und Stress vermeiden, umgeben sich gern mit Gleichgesinnten und streben nach Wertschätzung und Anerkennung. Das gilt erst recht für das direkte Gespräch mit Kunden.
Verkaufspsychologie im Verkaufsgespräch
Hier kommt es ganz besonders auf das Geschick der Verkäufer an. Können sie ihre Kunden richtig einschätzen? Erkennen sie deren Stimmung und können sie darauf angemessen reagieren? Gelingt es ihnen, einen Draht zum Kunden aufzubauen? Sprache und Auftreten auf Verkäuferseite sind mächtige Werkzeuge der Verkaufspsychologie und entscheidend für den vertrieblichen Erfolg.
Tipps für Sprache und Verhalten im Verkaufsgespräch
➽ Kunde oder Verkäufer?
Gute Verkäufer stellen weder sich selbst noch das Produkt in den Mittelpunkt, sondern den Kunden. Er ist die Hauptperson. Durch eine direkte, persönliche Ansprache, durch Fragen und Zuhören zeigt man Wertschätzung und Interesse.
➽ Sympathie
Ähnlichkeit macht sympatisch und Sympathie lässt Vertrauen entstehen. Wer sich bei Kleiderwahl und Auftreten an seinen Kunden anpasst, wer im Gespräch Gemeinsamkeiten aufgreift und betont, schafft eine entspannte Atmosphäre und fördert das Vertrauen.
➽ Emotionen
Die sogenannten Spiegelneuronen sorgen dafür, dass wir die Emotionen unseres Gegenübers mitempfinden. Die Körperhaltung und der Gesichtsausdruck eines Verkäufers haben unmittelbar Einfluss auf die Kundenstimmung. Das gilt ebenfalls für die Wortwahl im Kundengespräch.
➽ Expertenwissen
Der Kunde erwartet eine fachgerechte Beratung und hört gern auf einen Experten. Das bedeutet, der Verkäufer benötigt nicht nur Fachwissen, er muss es in erster Linie gut vermitteln können. Auch das funktioniert über
das Auftreten und die Wortwahl. Hier gilt es, insbesondere den
Konjunktiv zu vermeiden. Denn ein »hätte« oder »könnte« lässt Autorität vermissen und zeugt von Unsicherheit.
Mit Verkaufspsychologie zum Verkaufserfolg
Wie anhand des oben gesagten deutlich wird, spielt die Verkaufspsychologie im Vertrieb eine nicht zu unterschätzende Rolle. Sie kann ebenfalls mit den verschiedenen Verkaufstechniken verknüpft werden und so die Verkaufserfolge noch weiter steigern. Allerdings ist es mit der Psychologie so eine Sache – Jeder Mensch tickt anders und was bei dem einen funktioniert, klappt bei anderen noch lange nicht. Deswegen kann die Verkaufspsychologie kein Schema F bieten, was sich auf alle Situationen deckungsgleich übertragen lässt.
Damit Verkaufspsychologie im Vertrieb sinnvoll genutzt werden kann, müssen Vertriebsmitarbeiter natürlich die Grundlagen kennen und beherrschen. Genauso aber müssen sie in der Lage sein, ihre Taktik an jeden Kunden individuell anzupassen. Dazu gehört eine Menge Menschenkenntnis, Empathie und Kommunikationsgeschick. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja doch so etwas wie ein Verkaufsgen…
Gender-Hinweis
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die geschlechtsspezifische Differenzierung nicht durchgehend, sondern meist das generische Maskulinum (z. B. „der Kunde“). Sämtliche Personenbezeichnungen gelten jedoch gleichermaßen für jedes Geschlecht und sollen keinerlei Benachteiligung darstellen. Die verkürzte Sprachform hat ausschließlich redaktionelle Gründe und
ist wertfrei.
Titelbild: Adobe Stock; Romolo Tavani